Beth Hart

 

Anfang September hatte bluesfeeling.com die Chance, die Top-Künstlerin  Beth Hart im Kölner Savoy-Hotel zu treffen. Hier das Interview mit der gleichsam sympathischen-sensiblen wie begabten amerikanischen Sängerin und Komponistin:

 

Beth, was bedeutet Dir die Musik?

Es bedeutet, nützlich zu sein. Sie ist immer wieder neu, erfrischend und überraschend für mich – solange, wie ich mich dazu bewegen kann, aus der „Komfortzone“ herauszukommen, kann ich neue musikalische Dinge entdecken. Musik lässt mich große Erregung fühlen und lebendig sein.

 

Deine einzigartige Stimme wird oft mit Janis Joplin verglichen. Von welchen Musikern bist Du hauptsächlich beeinflusst?

Meine Vorbilder sind Billie Holiday, Aretha Franklin, Etta James, Bob Marley, James Taylor, Amy Winehouse – sie war brillant, traurig, sie verloren zu haben –, Robert Plant, Jimi Hendrix, Chris Cornell und seine ganze Band... und neben musikalischen Vorbildern Martin Luther King.

 

Du hast einen eigenen Stil entwickelt – kannst eine große Bandbreite von rockigen Songs bis hin zu sensiblen Balladen abdecken. Wie fühlt es sich an, Deine eigenen Songs so auf die Bühne zu bringen?

Wie ich mich auf der Bühne fühle, ist so wie ich mich gerne auch jenseits der Bühne fühlen möchte. Wenn ich dort oben bin, fühle ich mich sehr stark und selbstsicher. Ich bin Teil der Familie, die aus der Band und dem Publikum besteht – und mein Ehemann ist natürlich immer an meiner Seite. Es fühlt sich wie „Zuhause sein“ an. Es ist wie in einer baptistischen Kirche zu feiern – es strömt starke Energie aus. Leute, die zusammenkommen und den Moment genießen. Das ist sehr wichtig in meinem Leben!

 

Laß’ uns über Deine neue CD sprechen – Dein insgesamt neuntes Album inklusiver der Live-CD. Was ist der „rote Faden“, die Hauptintention des Albums?

„The Baddest Blues“  – ich mag diesen ersten Song sehr, weil er sowohl Jazz oder frühen Blues mit mehr aggressiverer Tonalität im Chorus mit dramatischem Unterton verkörpert. Aber der Gesamtkontext führt einen zurück in eine Zeit des frühen, klassischen Amerikanischen Songwritings, das mit Jazz und Swing startete – das war meine Absicht. Der Grund dafür ist sicherlich, dass mich das „Don’t Explain“-Album inspiriert hat, mehr in diese Richtung zu gehen. Erstens, weil ich diese Art von Musik sehr mag, zweitens, weil ich derartiges vorher nicht versucht hatte. Und drittens, weil ich wusste, dass mich dies soviel fordern würde, dass ich wieder wie ein kleine Kind fühlen würde, für das alles so neu im Leben ist.

 

Bedeutet Dein aktuelles Album auch so etwas wie „Life-Change“ für Dich?

Ich glaube, ja! Es ist ein Wandel in musikalischer Hinsicht, so wie ich sicherlich eine Menge gravierender Veränderungen in meinem Leben erlebt habe...und mit meinem (40sten) Geburtstag habe ich auch einen Wendepunkt in meinem Leben erreicht.

 

Wie funktioniert das Songwriting bei Dir? Als Prozess oder aufgrund plötzlicher Ideen?

Es ist nur dann ein Prozess, wenn ich mit anderen Autoren als Co-Autor arbeite, denn man arbeitet mit Menschen, die gegenseitig voneinander lernen und die sich idealer Weise wechselseitig inspirieren. Ich mag das sehr gerne. Aber am allerliebsten schreibe ich alleine. Sicherlich, weil es keine wirkliche Zeitbegrenzung gibt und ich mir wirklich Zeit nehmen kann. Und wenn ich etwas ändern will, muss ich mich mit niemandem abstimmen. Das ist eine andere Art des Komponierens – ich beschäftige mich hier mehr mit mir selbst.

 

Ist Songs zu schreiben wie „Tagebuch“ für Dich?

Für mich sind Texte immer inspiriert von sich ergebenden Veränderungen. Manchmal höre ich die Melodie zuerst und versuche die entsprechenden Chords dazu zu finden. Ich denke aber, dass das Lied umso stärker ist, wenn ein Akkord da ist, der in mir Erinnerungen weckt oder zu etwas passt, was mich in diesem Moment bewegt. Es ist überwiegend die Musik, die mich zu meinen Texten inspiriert. So kann man mich oft mit meinem iPhone sehen, wie ich mich am Piano sitzend aufnehme und dazu nur „Lalala“ singe – bis ich einen Text dazu finde, der dazu passt, was ich sagen will.

 

Wie trainierst Du Deine Stimme, wie schützt Du sie?

Ich bin von einem großartigen Vocal-Coach trainiert worden, als ich noch ein Teenager war. Zunächst aber habe ich eine 1-jährige Ausbildung für klassisches Singen erhalten. Vier Jahre danach habe ich den phantastischen Bob Corff in L.A. gefunden, der mich etwa im Alter von 16 bis 19 gecoached hat. Wann immer es mir möglich ist, nehme ich weiter Stunden bei ihm. Er hat mir eine Menge beigebracht, wie ich auf Tour auf meine Stimme achten kann.

 

Und wie entspannst Du?

Das ist etwas seltsam: Ich glaube, dass ich auf Tour entspannter bin als zu Hause. Das liegt wohl daran, dass ich da mit meiner Band, meinem Ehemann und meinen besten Freunden unterwegs und nie alleine bin. Wenn wir die Shows machen mit all den Anstrengungen, dem Herzklopfen und dem Umherziehen und hoffentlich das Publikum glücklich machen, fühle ich mich nachher gereinigt und so gut! Außerdem habe ich einen guten Manager und ein gutes Label, das darauf achtet, dass ich mich auf einer Tour nicht überarbeite. Das Reisen ist gar nicht so schlimm, im Flugzeug, Auto oder in der Bahn kann ich mich gut entspannen – und in Europa sind die Reisewege ja nicht so lang... Nach einer Tour habe ich aber Zuhause ein Problem – dann vermisse ich die Straße! Da werde ich sogar ein bisschen depressiv und ich denke „Oh mein Gott, was soll ich jetzt bloß tun!?“ – Alles was ich dann tun kann, ist zu schreiben. Aber oftmals habe ich kurz nach der Tour nicht einmal Lust, aus dem Bett zu steigen. Aber dann, nach einer Weile zu Hause, beginne ich zu kochen, Gartenarbeiten zu machen, mich mit den Tieren draußen zu beschäftigen, Familie und Freunde zu sehen. Und dann – pünktlich bevor die nächste Tour startet, kann ich texten und Songs schreiben – und dann muss ich wieder los. Ich liebe die Straße!

 

Was magst Du am meisten, wenn Du in Deutschland bist?

Wenn ich in Deutschland bin natürlich die freundlichen Menschen – aber auch das Essen. Mein Mann und ich lieben gutes Essen. Wann immer wir in anderen Ländern sind, wollen wir immer das jeweilige Essen der Region genießen.

 

Beth, wie es eigentlich zur Zusammenarbeit mit Joe Bonamassa auf der CD „Don’t Explain“ gekommen ist. Wie seid ihr euch begegnet?

Von meinem Mann hörte ich eines Abends, als ich ein Konzert in London hatte, dass Joe Bonamassa gekommen war, um die Show zu sehen. Aber ich hatte keine Chance, ihn zu treffen. Joe hatte meinem Mann gesagt, dass er regelmäßig einen meiner Songs – „Sick“ oder „Face forward“ von meiner CD „37 Days“ in seiner sonntäglichen Radioshow spielen würde. Und er ließ ihn wissen, dass er gerne eine CD mit mir aufnehmen würde. Dann hörte ich einige Monate nichts von Joe, bis wir uns eines Tages in der Hotelbar desselben Hotels in den Niederlanden, in dem wir beide abgestiegen waren, über die Füße gelaufen sind.. Er meinte, er würde sehr, sehr gerne eine CD mit mir machen. Und ich sagte „Whoww, ich würde sehr, sehr gerne eine CD mit Dir zusammen machen.“ Er wollte ein Album mit Coversongs im Soulbereich recorden. Ich sollte mir Gedanken machen und einige Stücke aussuchen, die ich gerne machen wollte. Und ich wusste sofort, welche das für mich sind...Und er hat mich damit zu einer Musik geführt, mit der ich zuvor nicht viel zu tun hatte. Dann waren wir beide wieder auf Tour, aber parallel dazu habe ich die Songs – abends auf dem Weg zurück zum Hotel – eingeübt, sodass ich mit ihnen vertraut war. Die CD haben wir dann innerhalb von vier Tagen plus zwei Tage Arbeit am Arrangement eingespielt und aufgenommen – es hat riesigen Spaß gemacht! Meine aktuelle CD ist total anders, weist aber zumindest eine gewisse Ähnlichkeit mit „Don’t Explain“ auf.

 

Zu guter Letzt verrät uns Beth noch, dass es auch 2013 eine weitere Kooperation mit Joe Bonamassa geben wird. Wir sind alle gespannt, Beth. Viel Glück und Erfolg!!!

 

Beth Hart_interview2012
Beth Hart: her relation to music and intension of her new CD
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